3/2013: Was Zypern uns zeigt


Die Ereignisse in Zypern wirken auf viele Beobachter nicht nachvollziehbar und höchst verwirrend. Dieser Artikel soll Zusammenhänge erklären und  Klartext liefern.

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Unbenannt

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Was bisher geschah

Noch im Jahr 2008 durfte sich Zypern über recht solide Staatsfinanzen freuen: Der Haushaltsüberschuss betrug knapp 1%, das heißt, der gesamte Staat Zypern nahm in 2008 ein Prozent mehr ein, als er ausgab. Da dies kein einmaliges Phänonen war, gelang es den Zyprioten in den Jahren bis 2008, ihre Staatsschuldenquote auf 49% des jährlichen Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu senken! – Zypern lag somit locker unter den sogenannten Maastricht-Kriterien von 60%.

Allerdings bildete sich parallel zu dieser konservativen Haushaltspolitik in dem kleinen Inselstaat ein Bankensektor, der gemessen an der Größe und Wirtschaftskraft des Landes exorbitant groß wurde: So ist die Bilanzsumme aller zypriotischen Banken zusammengenommen mit rund 152 Mrd. Euro rund achtmal so groß, wie das Bruttoinlandsprodukt der Insel.

Erinnert Sie das an etwas? – Genau: Auch in Island war und in Irland ist der Bankensektor extrem dick im Vergleich zur restlichen Wirtschaft. Und auch die von Vielen als hoch stabil empfundene Schweiz leidet still und heimlich darunter, dass alleine die Bilanzsumme der UBS rund viermal so hoch ist, wie die gesamte reale Wirtschaftsleistung (BIP) des mehrsprachigen Berglandes.

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Zypern-Banken mit Griechenland-Problem

Bedingt durch die traditionell enge Verbindung zu Griechenland, haben die zyprischen Banken dem griechischen Staat über die letzten Jahrzehnte stets recht viel Geld geliehen und halten damit eine für ihre Verhältnisse sehr hohe Summe an griechischen Staatsanleihen.

So sitzt die größte Bank Zyperns, die „Bank of Cyprus“ auf rund 2,4 Mrd. Euro an Griechenlandanleihen. Die „Cyprus Popular Bank“(zweitgrößte Bank des Landes) hält sogar Anleihen im Wert von 3,4 Mrd. Euro in ihren Büchern.

Der Schuldenschnitt für den Privatsektor in Griechenland (ich berichtete) hat dazu geführt, dass alleine diese beiden Banken rund drei Milliarden Euro abschreiben mussten.

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„Alternativloses“ Bankenrettungs-Drama

Und jetzt beginnt das übliche „Bankenrettungs-Tam-Tam“, wie es sich ähnlich bereits in fast ganz Europa zugetragen hat. An den Verlauf dieses Dramas haben wir uns bereits gewöhnt und die meisten von uns nehmen es inzwischen als „natürlich“ hin, dass jeder Einzelne der folgenden Schritte vollkommen „alternativlos“ sei:

  1. Alleine die zwei größten zyprischen Banken müssen rund 3 Mrd. Euro in ihren Büchern als wertlos abschreiben.
  2. Dies würde normalerweise vermutlich zu einer Pleite beider Bankhäuser führen.
  3. Der zyprische Staat versucht die Bankenpleiten aber zu verhindern, indem er den notleidenden Banken Geld zuschießt.
  4. Alleine den zwei größten zyprischen Banken müsste der Staat Zypern mehr als 3 Mrd. Euro zuschießen – dies entspricht rund 20% des zypriotischen BIP!
  5. Dies sahen die ach so schlauen „Märkte“ bereits seit einem Jahr kommen und wollten dem zyprischen Staat nur noch Geld leihen, wenn dieser horrende Zinsen dafür bezahlt (konkret: rund 10%).
  6. Damit ist der Staat Zypern de facto vom privaten „Finanzmarkt“ abgeschnitten.
  7. Die Zinsquote Zyperns schießt in die Höhe und es ist vollkommen unklar, wie der Staat Zypern in den kommenden Jahren seine (bis zur Bankenkrise äußerst geringe und vollkommen planbare) Staatsschuldenmenge finanzieren kann.

Jeder Einzelne dieser sieben Punkte wäre es wert, intensivst hinterfragt zu werden, zum Beispiel:

  • Warum ist es erlaubt, dass ein völlig überdimensioniertes Bankensystem einen viel zu hohen Anteil an Anleihen eines einzelnen Schuldners hält (Klumpenrisiko)?
  • Warum kann eine Pleite dieser Banken nicht schlicht und einfach hingenommen werden?
  • Warum muß zur Refinanzierung von notleidenden Banken immer nur der Staat hinhalten (dazu gleich noch mehr)?
  • Wieso können Staaten, solange die Zeiten gut sind, zu ihrer Finanzierung stets nur auf den Privatsektor zurückgreifen?
  • Wer sind „die Märkte“?
  • Wieso ist ein Problem schon seit über einem Jahr klar erkennbar und wieso springen die „glorreichen Euro-Retter“ erst dann ein, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist?

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Zypern stand bereits vor einem Jahr vor einem eigentlich unlösbaren Problem, das den Irrsinn der Staatsfinanzierung über die Finanzmärkte aufzeigt. Da „die Märkte“ sich daran gewöhnt haben, dass ein Staat „seine“ systemrelevanten Banken im Krisenfall durch „Rettungsgelder“ unterstützt, kriegen Staaten mit problematischen Banken bereits lange vor dem Zusammenbruch dieser Banken keine bezahlbaren Kredite mehr an den Finanzmärkten.

Da zu allem Übel die EZB jegliche Unterstützung dieser Staaten im Vorfeld ausschließt, wird ein Prozess in Gang gesetzt, der in einer Katastrophe enden muß. Als Zypern von den Finanzmärkten ausgezählt wurde, hatte es eine Staatsschuldenquote leicht über den Maastricht-Kriterien, die allerdings immer noch 20 Prozentpunkte unter der deutschen Staatsschuldenquote lag. Auch heute liegt die Staatsschuldenquote der Mittelmeerinsel mehr als 20 Prozentpunkte unter der deutschen. Durch die Krisenfolgen ist dem Staat jedoch ein Haushaltsdefizit von rund fünf Prozent entstanden. Dieser Wert liegt zwar ebenfalls im europäischen Mittel, liefert der EU jedoch den Vorwand, heftigste Sparmaßnahmen zu fordern.

Zypern

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Realwirtschaft im Abwärtssog

Bereits seit 2009 muß der Staat Zypern Jahr für Jahr relativ kleine Haushaltsdefizite hinnehmen, was eine unmittelbare Folge der Sparprogramme Griechenlands ist. Denn Griechenland ist der wichtigste Handelspartner Zyperns und der drastische Nachfrageeinbruch der Hellenen hat dazu geführt, dass auch Zypern in die Rezession rutschte.

So beträgt die Arbeitslosenquote auf Zypern heute rund 10%, während vor 2008 nahezu Vollbeschäftigung erreicht war. Der Staat versucht immerhin durch Sozialprogramme und kleinere Konjunkturmaßnahmen das Schlimmste abzuwenden. Damit dürfte jedoch bald Schluß sein, wenn die berüchtigte Rettungs-Troika mit IWF (= der US-dominierte internationale Währungsfonds) und Deutschland an der Spitze Sparmaßnahmen fordert, die viel zu gewaltig sind und das Land, wie Griechenland, in eine schwere Depression stürzen werden.

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Geostrategischer Kampf EU gegen Rußland

Während in Syrien ein Bürgerkrieg tobt, steht auch Russlands einziger Marinestützpunkt im Mittelmeer, der im syrischen Tartus beheimatet ist, zur Disposition. Für Russland wäre es somit wichtig, Zypern als engen Verbündeten zu gewinnen und langfristig vielleicht auch in Limassol oder in Larnaka eine Marinebasis aufzubauen. Zudem befinden sich Zypern und die Türkei in einem offenen Streit, wer denn die gewaltigen Erdgasvorkommen, die jüngst im östlichen Mittelmeer entdeckt wurden (und an denen auch russische Energieunternehmen höchstes Interesse haben) ausbeuten darf.

Da Zypern offenbar mit Russland einen potentiellen strategischen Partner hat, der so gar nicht im europäischen Interesse liegt, hat Brüssel es auch eilig gehabt, Nägel mit Köpfen zu machen und Zypern unter den „Rettungsschirm“ zu zwingen.

Dies wurde dadurch erreicht, dass die EZB 2012 beschlossen hat, dass aufgrund der Abwertung der zypriotischen Staatsanleihen durch die Ratingagentur Fitch diese Papiere im Eurosystem nicht mehr als Sicherheit akzeptiert werden (Hintergrund: Wenn sich eine Bank bei der EZB frisches Geld leihen möchte, muß sie dafür in der Regel Wertpapiere, z.B. Anleihen,  als Sicherheit bei der EZB hinterlegen). Diese Entscheidung entspricht zwar den Regularien des EZB-Vertrages, bei allen anderen europäischen Krisenstaaten wurde jedoch seitens der EZB eine Ausnahme gemacht…

Mit diesem Schritt konnte die EZB den gesamten zypriotischen Finanzsektor von Finanzierungsmöglichkeiten abschneiden. Rußland könnte nun theoretisch in die Bresche springen und mit verbilligten Krediten aushelfen. Allerdings wäre das Volumen dieser Kredite für Rußland wohl eine Hausnummer zu groß. Zudem beobachtet man in Moskau sehr genau, wie mit den „geretteten“ Staaten unter der Knute der dort von der „Troika“ verordneten Austeritätsmaßnahmen umgegangen wird – und, wie dies unter den dortigen Bevölkerungen den Hass schürt gegen alles, was mit Europa zu tun hat.

Wenn sich an der vollkommen wahnwitzigen „Rettungspolitik“ (eine Kombination aus extremsten Sparzielen bei gleichzeitig null Struktur- und Wirtschaftshilfe) unter Führung Merkels nichts ändert, wird Zypern den Weg in die Depression, Verschuldung und Verarmung gehen. Hier braucht dann Rußland einfach nur daneben zu sitzen und abzuwarten, bis die Bevölkerung in ihrer Verzweiflung endgültig soweit ist, dass Sie von Europa und dem Euro nichts mehr wissen will – dann dürften die von Rußland angestrebten Marinestützpunkte kein Problem mehr sein.

Wer wird es wohl schaffen, sich diese riesigen Öl- und Gasfelder dauerhaft zu sichern? EU/USA oder Rußland?

Wer wird es wohl schaffen, sich diese riesigen Öl- und Gasfelder dauerhaft zu sichern? EU/USA oder Rußland? // Zum Vergrößern bitte Anklicken // Quelle: cypmaps, Hans Doelemann

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Der Fall Zypern zeigt noch einmal ganz deutlich, dass die sogenannte „Euro-Retterei“ unter der Führung Deutschlands dermaßen kurzsichtig, plump und ohne erkennbare Zukunftsperspektive abläuft, dass man bei den Rettern das Gefühl hat, sie wollten bewußt den Euro und darüber hinaus vor allem jede Idee von Europa kaputt machen.

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Was nun geschieht

In Zypern geht es, ähnlich wie in Deutschland, Spanien, Irland, Island etc. um keine Staatsschuldenkrise, sondern es geht schlicht um eine pure Krise des Finanzsektors, namentlich um eine Bankenkrise.

Neu bei der Bankenrettung auf Zypern ist der angedachte, direkte Beitrag aller Bankkunden zur Entlastung der Finanzhäuser. So sollen nach dem ersten Entwurf alle Einlagen unter 100.000 Euro mit einer „Sondersteuer“ (einer einmaligen Abgabe) von 6,75% belangt werden. Von Einlagen über 100.000 Euro sollen automatisiert 9,9% abgezogen werden.

Ist diese Maßnahme so verwerflich, dass man heftigst dagegen protestieren müßte? Nein, prinzipiell nicht. Denn wenn ich eine Einlage bei einer Bank tätige, einer Bank also mein Geld zur Verfügung stelle, sei dies als Tagesgeld, Festgeld, oder auch nur als simpler Bestand auf dem Girokonto, so tue ich nichts anderes, als dieser Bank Geld zu leihen. Ich leihe der Bank mein Geld und bekomme dafür von ihr Zinsen.

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Geldvermögen sparen geht nur mit Verschuldung

Denn das ist einer der wichtigsten Zusammenhänge, den Anleger und Sparer stets wissen müssen: Geld zu sparen und dafür einen Zins zu erhalten geht in unserem Wirtschaftssystem nur, wenn ein anderer dieses Geld braucht, sich daher verschuldet und für diese Schulden Zinsen zu zahlen bereit ist.

Allen Geldvermögen steht also auch immer der exakt gleiche Betrag an Schulden gegenüber. Wenn nun die Schuldner ein Problem bekommen und diese Schulden nicht mehr zurückzahlen können, so erhält der Sparer schlicht und einfach einen Teil seines Geldes nicht mehr zurück. Und um ihm genau dieses Risiko zu bezahlen, gibt es den Zins. Das ist beim Bankkonto genauso, wie bei jeder anderen Art von Geldein- und Anlage.

Für den Sparer ist es also von höchster Wichtigkeit zu wissen, ob der Schuldner auf der anderen Seite ihm mit hoher oder mit weniger hoher Wahrscheinlichkeit sein Sparvermögen wieder zurückzahlen kann (Bonität des Schuldners).

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Die tiefe Wurzel des Übels

Hier offenbart sich einmal mehr die Pervertierung unseres Geld- und des Finanzsystemes in den letzten Jahrzehnten:

  1. Die „Globalisierung“ des Finanzwesens hat zu einem undurchschaubaren Gestrüpp von Bonitäten geführt. Ich weiß heute eben nicht mehr immer genau, wo mein Geld ist, wenn ich es irgendwo einlege oder anlege.
  2. Das „Geld“ ist mittlerweile durch nichts mehr gedeckt. Wir alle operieren also mit Schuldscheinen (egal, ob diese Euro, Dollar, Schweizer Franken o.ä. heißen), die alle den inneren Wert NULL haben. Und diese bunt bedruckten Zettel („Geldwerte“) erhalten nur dadurch einen Wert, dass uns irgendeine Institution dafür eine Garantie gibt und wir dem Ganzen vertrauen. Wobei die Garantie wieder nur soviel wert ist, wie die Bonität des Garantiegebers.
  3. Es existieren lauter Wirtschaftssubjekte („Bürger“), die, ob Sie es wollen oder nicht, früher oder später mal zu Geld kommen und mit diesem Kapital dann irgendetwas anfangen müssen, also Kapitalismus spielen müssen – ohne, dass Sie irgendeine Ahnung davon hätten, was dieses Geld eigentlich ist, wie es funktioniert, dass jedem Guthaben auch immer eine Schuld gegenüber steht etc.

Diese sogenannten „Sparer“ haben sich daran gewöhnt, dass ihnen die Bewertung der Bonität ihrer Schuldner von den großen Kapitalsammelstellen (Versicherer, Banken etc.) abgenommen wird. Ja es geht sogar soweit, dass Sparer sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, den wichtigsten Zusammenhang ihres Sparens zu begreifen (jedem Geldvermögen steht auch immer eine Schuld in gleicher Höhe gegenüber): „Ich will meine Zinsen und ansonsten meine Ruhe haben“ ist ein gängiger Ausspruch, der deutlich macht, wie selbstverständlich das Kassieren von Zinsen bei dem meisten geworden ist.

Hier tun die Menschen so, als wenn es eine Art „Anspruch auf Sparen und Zinsen“ gäbe. Und sie haben ja durchaus instinktiv auch Recht: der Kern unseres Wirtschaftssystemes (Kapitalismus) besteht in dem Recht, privates Kapital zu bilden, also zu sparen. Damit dieses Wirtschaftssystem funktionieren kann muß denjenigen, die in diesem System leben also zu jeder Zeit eine Sparmöglichkeit zur Verfügung stehen. – Oder, denken Sie wieder spiegelbildlich: es muß immer und zu jeder Zeit jemand zur Verfügung stehen, der zusätzliche Schulden aufnehmen will…

Was passiert aber nun, wenn auf einmal doch angeblich viel zu viele Schulden existieren und die Schuldner diese nicht mehr zurückzahlen können? – Richtig: Die Geldvermögen/Sparguthaben verschwinden. Notfalls eben auch mit Gewalt.

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Was Sparer/Anleger beachten müssen

Prinzipiell müßte sich der Sparer in der heutigen Zeit intensivst damit auseinandersetzen, wie die Bonität seiner Gegenseite, also seiner Schuldner ist und er dürfte sich nur noch die Bonitäten aussuchen, die besonders gut sind. Da dies aber aufgrund der in vielen Jahrzehnten entstandenen völligen Undurchsichtigkeit unseres Finanzwesens für niemanden (übrigens auch für keinen Bank- oder Finanzberater) möglich ist, hilft es nur noch, sein Sparvermögen über unterschiedliche Sparobjekte so breit, wie nur irgendwie möglich zu streuen.

Dabei sollte der Sparer darauf achten, dass er den Anteil von Geldanlagen ohne inneren Wert, die nur über Garantien funktionieren („Geldwerte“) so klein wie möglich hält und den Anteil von Anlagen mit eigenem inneren Wert („Sachwerte“) so weit, wie möglich hochfährt. Zu den Sachwerten zählen Rohstoffe, Grundstücke, Immobilien und Aktien. Ein Sachwert, der sich durch die höchste Mobilität auszeichnet und darüber hinaus von keinerlei Schuldner abhängig ist, ist physisches Silber und Gold. Auch diese beiden Edelmetalle dürfen in keinem einzigen Sparportfolio fehlen.

Vergessen Sie in diesem Zusammenhang übrigens bitte auch alle Träume von „Rendite“! Es geht hier nicht mehr darum, den möglichst fetten Zins zu kassieren, sondern es geht schlicht und einfach nur noch darum, sowenig wie möglich an realem Gegenwert zu verlieren – also sicher zu stellen, dass ich mir mit meinem Vermögen auch in 10 Jahren noch in etwa einen ähnlichen Lebensstil leisten kann, wie heute.

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Die aktuellen Anleger-Dilemmata

In Straßeninterviews, die man gestern und heute bei den Öffentlich-Rechtlichen sehen konnte, zeigten sich die befragten Deutschen erstaunlich ruhig über die aktuellen Ereignisse (wieder mal ein Beispiel dafür, wie die veröffentlichte Meinung keinesfalls der gefühlten öffentlichen Meinung entspricht) und manche verwiesen darauf, dass man ja zur Not sein Geld von der Bank holen oder auch in Immobilien investieren könne.

Dazu zwei Anmerkungen: Wer sein Geld unter das Kopfkissen oder in den privaten Tresor stopft, hat damit in unserem Geldsystem, in dem das „Geld“ nur noch aus ungedeckten Schuldscheinen besteht, nichts, aber auch rein gar nichts erreicht, ganz im Gegenteil: er holt sich sogar noch einen zusätzlichen Unsicherheitsfaktor ins Haus, nämlich die steigende Gefahr, überfallen und ausgeraubt zu werden!

Denn es gilt wie so oft der alte Adorno: Es gibt kein richtiges Leben im falschen! – Es nutzt auch der beste Tresor nichts, wenn das, was in ihm liegt den inneren Wert NULL hat!

Der extreme Immobilienhype der vergangenen drei Jahre beweist meiner Ansicht nach einmal mehr die völlige Geschichtsvergessenheit vieler Anleger: Was die Zwangsabgabe auf dem zypriotischen Bankkonto ist, das war bei der Wohnimmobilie schon mehrmals in der Geschichte die vollständige Enteignung (z.B. in Ostdeutschland) oder aber die Zwangshypothek (die viele Westdeutsche noch bis weit in die 70er Jahre hinein abzahlen mußten).

Der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung hat zudem für den Durchschnittsanleger die extrem negative Nebenwirkung, dass er sich damit jeden Ansatz einer Risikostreuung seiner Geldanlage kaputt macht. Interessanter erscheinen dagegen überschaubare Anteile an Immobilien, die es ermöglichen den Immobilienanteil im Gesamtportfolio auf einem vernünftigen Maß zu halten.

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Was lernen wir generell aus Zypern?

I.

Die Bankenkrise in dem kleinen Inselstaat zeigt einmal mehr, wie unendlich fatal und dumm es war, den Finanzsektor in den letzten drei Jahrzehnten zu deregulieren und Finanzkonglomerate zuzulassen, die so groß werden, dass sie ganze Realwirtschaften in den Abgrund stürzen können. Das gilt in einer echten Marktwirtschaft übrigens für sämtliche Bereiche der Wirtschaft. Und wenn der Mediziner Rössler, der Jurist Westerwelle oder die Physikerin Merkel einen Walter Euken oder einen Ludwig Erhardt wirklich gelesen hätten, dann würden sie nicht mehr reflexhaft abwinken, wenn zum Beispiel auch mal die Zerschlagung übergroßer Stromkonzerne gefordert wird…

II.

Ungedecktes Geld, auf das kein Verlass ist, Schulden, die keiner mehr kontrollieren kann, ein Finanzsektor, der wie eine Hydra über der Realwirtschaft liegt und de facto nicht beherrschbar ist – all diese Fehlentwicklungen wären mit gedecktem Geld (wie z.B. seinerzeit mit einem Goldstandard) niemals möglich geworden. Es ist also zu überlegen, ob wieder Währungen eingeführt werden müssen, die an eines oder mehrere reale, nicht beliebig vermehrbare Güter gekoppelt werden. – Dies könnte neben Gold und Silber zum Beispiel auch ein Korb aus Rohstoffen sein. Sie sehen an dieser Stelle übrigens überdeutlich, dass wir hier über kein spezifisches „Euro“-Problem reden, sondern über das generelle Problem aller großen Währungen weltweit.

Und, wenn die Politik nicht bald beginnt, sich über Alternativwährungen Gedanken zu machen, werden irgendwann die Leute, sobald ihnen bewußt wird, dass sie nur wertlose Schuldscheine in Händen halten ihr Geld massenweise Wegschmeißen und es entsteht innerhalb weniger Tage der Zwang eine neue Währung einzuführen. Eine Währung, die dann eben nicht mehr nur auf Vertrauen beruhen kann, sondern die über eine harte, verbindliche Deckung verfügen muß.

III.

Zu guter Letzt ein Appell an alle, die heute noch vor sich hin leben und stolz darauf sind, dass sie Vieles, was um sie herum abläuft nicht verstehen: Wenn Sie in den nächsten Jahren nicht endgültig zum Spielball anderer verkommen wollen, fangen Sie endlich an zu denken, sich zu informieren, bewußter zu leben!

  • Wer Geld hat sollte sich informieren, wie es funktioniert, welchen Zweck es für ihn persönlich erfüllen kann und was beim „Sparen“ wirklich abläuft – denn es könnte sein, dass Sie irgendwann über Nacht lernen müssen, wofür Sie sich bislang nicht interessiert haben.
  • Wer einen Job hat sollte sich bewußt werden, warum er diesen Job macht, welche Funktion er für sein Umfeld hat und, ob er neben diesem Job noch etwas anderes kann, was ihm zum Bestreiten seines Lebensunterhalts hilft – denn es könnte sein, dass diese zusätzlichen Fähigkeiten in Zukunft Gold wert sein werden.
  • Wer ein soziales Umfeld hat, der sollte sich überlegen, wie er seinen Freunden und Bekannten hilfreich und so zur Verfügung stehen kann, dass er deren Leben wirklich bereichert – denn es könnte sein, dass er die eigenen Freunde in den kommenden Jahren dringender brauchen wird, denn je.
  • Wer Kinder hat sollte vielleicht darüber nachdenken, wie er ihnen helfen kann, noch weltoffenere, noch nachdenklichere, noch kreativere Menschen zu werden – denn es könnte sein, dass unsere Kinder noch viel flexibler werden denken und leben müssen, als dies bereits ihren Eltern abverlangt wird.
  • Und schließlich: Wer einen Fernseher hat, sollte sich überlegen, diesen mit Anlauf, Schwung und Herzenslust aus dem Fenster zu werfen – denn es könnte sein, dass man eines Tages aufwacht und erkennt, dass der Volksverdummungsapparat uns allen stets ein Abbild von der Welt dargestellt hat, welches mit der Realität nichts zu tun hat.

Ja, es könnte sein, dass wir alle eines Morgens aufwachen und erkennen, dass nichts mehr so ist, wie es bisher nur zu sein schien – so, wie die Bürger von Zypern am vergangenen Samstag Morgen…

Denken Sie mal darüber nach!

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Rechtlicher Hinweis: Die vorliegende Analyse stellt ausschließlich die Meinung des Autors dar. Sie dient ausschließlich zu Informationszwecken. Sie stellt weder eine Finanz- /Anlageberatung noch eine Handelsaufforderung dar. Insbesondere stellt sie keine Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Finanzprodukten jedweder Art dar. Das Agieren an der Börse ist mit Risiken verbunden. Verluste, Totalverluste bis hin zu Nachschusszahlungen (je nach Produkttyp) liegen im Bereich des Möglichen. Die vorliegende Ausarbeitung wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, dennoch bleibt festzuhalten, dass sich Einschätzungen jederzeit auch als falsch herausstellen können. Eine Haftung für Schäden aller Art, insbesondere für Vermögensschäden, die durch das Heran- oder Nichtheranziehen dieser Analyse möglicherweise auf Nutzerseite entstehen könnten, ist zur Gänze ausgeschlossen.

Gespräch mit dem Heizungsmonteur


Vorgestern war der Heizungsinstallateur zur jährlichen Inspektion bei mir in der Wohnung.  Und während er mit professioneller Gemütlichkeit an der Gastherme herumhantierte, entwickelte sich zwischen uns ein Gespräch über Beruf und Berufung des jeweiligen Gesprächspartners – was in meinem Fall immer recht schnell in eine Abhandlung über Finanzen, Finanzsystem, Vermögenserhalt und Vorsorge abgleitet.

Mein Heizungsinstallateur zeigte sich jedoch höchst interessiert und erzählte mir sodann von seiner 22-jährigen Tochter,  die vor kurzem in ihrer Bank darauf angesprochen worden sei, eine Riesterrente für sich anzusparen, worauf er ihr strikt geraten habe „nichts, aber auch gar nichts“ abzuschließen: „Vergiß den Zinsenzins-Effekt. Gib das Geld aus, solange es da ist. In der jetzigen Zeit ist es doch ein Irrsinn, auf die kommenden Jahrzehnte etwas anzulegen!“

Daraufhin entspann sich sinngemäß folgender Dialog:

Heizungsmonteur: „Ja, aber man kann doch heute wirklich in gar nichts mehr sein Geld anlegen. Man weiß ja nicht, was wird.“

Ich: „Das wußte man noch nie. Aber es gibt seit 2 Jahren eine ganz konkrete Herausforderung für alle Sparer.“

„Ach, und die wäre?“

„Zinsen, die die Inflationsrate nicht mehr decken! Wir haben seit 2 Jahren auch in Deutschland einen sogenannten negativen Realzins. Das heißt, wenn ich mein Geld unterm Kopfkissen, auf dem Tagesgeldkonto oder auf dem Festgeld- oder Girokonto lasse, dann mache ich pro Jahr real um die 1 bis 2% Miese.“

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„Ach ist das schon seit 2 Jahren so? Irgendwie weiß man ja, dass das Geld auf dem Konto nicht gut aufgehoben ist. Und vor allem traue ich der Inflationsrate nicht. Die ist doch in Wirklichkeit höher, als uns die ganzen Statistiker erzählen.“

„Machen Sie es sich nicht zu kompliziert! Die simple Grundherausforderung ist doch: Wenn meine Sparanlagen von der Inflation aufgefressen werden, dann muß ich Geldanlagen finden, die eine Rendite bringen, die höher, als die Inflationsrate ist.“

„Ja, und wie finde ich die? Dann muß ich wieder zu meiner Bank rennen und die verkaufen mir irgendeinen Dreck. Denen kann man doch nicht mehr vertrauen.“

„Egal ob Bankberater oder sonstiger Berater. Machen Sie im Gespräch mit Ihrem Berater doch einfach folgenden Test:

  • Erklärt der Berater Ihnen den negativen Realzins?
  • Erklärt er Ihnen den Unterschied zwischen Geldwert und Sachwert?
  • Spricht er Klartext und sagt Ihnen klipp und klar, dass die Garantien von Banken und Versicherungen keine 100%-ige Sicherheit bieten?
  • Gibt er offen zu, dass auch die sogenannten Experten nicht wissen, was in den kommenden Jahren auf uns zukommt?
  • Gibt er offen zu, dass es keine einzige Geldanlage gibt, die alleine die richtige Lösung ist?

Wenn Sie jetzt 5 mal mit „JA“ antworten konnten, dann scheint der Berater etwas zu taugen.“

Denken Sie mal darüber nach…

Klartext zu Griechenland, Spanien, Italien, GB und USA


1.)

Es ist das Normalste von der Welt, daß Schulden, sobald die daraus entstehenden Zinslasten zu hoch geworden sind, teilweise oder vollständig nicht mehr zurückgezahlt werden. Den gesamten Vorgang nennt man „Insolvenz“ und selbstverständlich gibt es solches nicht nur im privaten, sondern seit Menschengedenken auch im staatlichen Bereich – besser bekannt als Staatsbankrott. Das Risiko des Zahlungsausfalles wird dem Gläubiger vergütet, nämlich durch den Zins.

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2.)

Eine solche Staatsinsolvenz würde Griechenland genausogut helfen, wie sie z.B. 1998 Rußland und 2001 Argentinien geholfen hat. Wir hatten alleine in den letzten 14 Jahren weltweit 24 Staatsbankrotte; es handelt sich hierbei um keinen Weltuntergang, sondern um pure Routine im Verhältnis „Schuldner – Gläubiger“. Durch die Einbindung in die Euro-Zone ist jedoch die griechische Regierung nicht vollständig souverän und kann daher den völlig logischen und hilfreichen Zahlungsausfall nicht offiziell erklären.

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3.)

Der Schuldenschnitt, den Griechenland kürzlich vollzogen hat, ist eine bei Weitem nicht ausreichende Farce: Die „50%-Quote“ galt lediglich für einen kleinen Teil der griechischen Staatsschulden. Ich habe dies detailliert Ende letzten Jahres in einem Artikel beschrieben: >>Euro-”Rettung”: Volksverdummung mit Gänsehaut-Feeling

Auch habe ich dort beschrieben, weshalb der Schuldenschnitt völlig untypisch „freiwillig“ erfolgen mußte: Dies war offenbar nötig, um die auf die Schulden abgeschlossenen Kreditausfallversicherungen (CDS), die von amerikanischen Banken ausgegeben wurden, nicht in die Haftung zu bringen.

Die Frage, wer hier warum wessen Interessen vertritt, wäre es wert recherchiert zu werden. Statt dessen schwadroniert eine ganze Horde „Journalisten“ und Talkshow-Nomaden seit mehr als zwei Jahren unablässig über „das süße Leben der Griechen“, die ja angeblich alle von „Luxusrenten“ leben und schon morgens zum Frühstück die Euros bündelweise mit Ketchup verspeisen…  Warum hier nicht auf die wirklichen Hintergründe verwiesen wird und man sich statt dessen mit dumpfen Aufhetzungstiraden beschäftigt…? – Wissen Sie vielleicht darauf eine Antwort, verehrte Leserinnen und Leser?

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4.)

Die sogenannten „Sparpakete“ und Austeritätsprogramme sind in ihrer Singularität nichts anderes, als der ideologische Ausfluß monetaristisch einseitig „gebildeter“ sogenannter Wirtschaftsfachleute. Diese Ideologie ist im Wesentlichen die Fortsetzung des  höchst schädlichen neoliberalen Kurses der letzten 30 Jahre. Damals leitete Milton Friedman als Berater von Ronald Reagan in den USA eine marktradikale Bewegung ein, die heute unter dem Begriff „Neo-Liberalismus“ in aller Munde ist.

Die Leitlinien des sogenannten >>„Washington Consensus wurden festgeschrieben von der Weltbank, der US-Administration, der US-Zentralbank FED und dem IWF sowie den neoliberalen Think-Tanks und ebensolchen Lobbyisten. Seit damals werden uns die ´alles selig machenden´ Mantras vorgebetet:

Ausgabensenkung, Liberalisierung, Deregulierung, Privatisierung, schlanker Staat, Steuern runter und der Heilige Gral “Privateigentum“.

Die Interpretation dieser Ideologie gipfelt in der schwachsinnigen Analogie, man könne einen Staat so führen, wie eine schwäbische Hausfrau ihre Familie führt: Spart ein Familienvorstand Ausgaben ein, so hat die Familie am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche. Spart ein Staat kräftig Ausgaben ein, so führt dies sofort zu a) weniger Nachfrage und damit geringerem BIP,  b) höherer Arbeitslosigkeit und somit c) zu wegbrechenden Steuereinnahmen. Das heißt, der Staat hat am Ende des Jahres durch seine Sparmaßnahmen nicht mehr Geld in der Tasche, sondern sogar weniger Geld zur Verfügung!

Dies ist simples 1 x 1. Ein „Experte“, der sich jetzt ernsthaft wundert, weshalb in Griechenland, Spanien und Italien die Volkswirtschaften kontrahieren und die Arbeitslosigkeit teilweise drastisch steigt, der hat schlicht zu wenig Ahnung von Makroökonomie.

Der Washington Consensus ist genau jenes neoliberale Konzept für Volkswirtschaften, das in vielen Entwicklungsländern eine wirtschaftliche Abwärtsspirale in Gang setzte und sie – über die Kredite des IWF und der Weltbank – in die totale Abhängigkeit der „Geldgeber“ führte. Genau diese Rezepte wendet man auf die südeuropäischen Staaten an – mit den längst vorauszusehenden, verheerenden Konsequenzen.

Verstehen kann man diese Vorgehensweisen nur, wenn man sich immer wieder konsequent die frage stellt: „Cui bono? – Wem nutzt es?“…

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5.)

Nicht nur, daß die überhasteten, viel zu drastischen Sparmaßnahmen Länder wie Griechenland und Spanien strangulieren: Sie zeigen bereits auch erste Bremsspuren beim Scheinriesen Deutschland! Die Bundesrepublik verfügt über einen vitalen Mittelstand und einen gesunden industriellen Sektor. Aber sie leidet unter ihrer extremen Abhängigkeit vom Export!  An dieser fulminanten Schwäche wurde in den letzten Jahren nicht mal ansatzweise gearbeitet und so wird unser Land, das von manchen  „Analysten“ so hoch geschrieben wurde, als könne es vor Kraft kaum noch laufen, bei der nächsten weltwirtschaftlichen Rezession wohl so drastisch an Wirtschaftskraft verlieren, wie wir es Anfang 2009 erlebt hatten: Damals zeigten sich diejenigen europäischen Länder deutlich stabiler als Deutschland, die über eine vitale Binnenwirtschaft verfügten.

Nachdem rund 50% unserer Exporte in EU-Länder gehen und die meisten dieser Länder extrem und weitgehend planlos sparen, wird dies selbstverständlich zu einem Nachfrageeinbruch führen, der die deutsche Exportindustrie spürbar in Mitleidenschaft ziehen wird. Einen ersten Eindruck darauf geben aktuell deutlich rückläufige KFZ-Neuzulassungszahlen in den Euro-Ländern – was Unternehmen wie z.B. Opel bereits heute negativ tangiert:

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6.)

Neuer Kandidat für Angriffe sogenannter „Experten“ scheint nunmehr Italien zu werden. Wie nach Drehbuch beginnen sich wichtige Leitmedien auf das Land einzuschießen:

Quelle: http://www.spiegel.de / 13.6.2012

Die Tatsache, daß die italienische Volkswirtschaft aufgrund der dort beschlossenen Sparmaßnahmen kontrahieren wird, kann niemanden wirklich überraschen: Im ersten Quartal ergab sich ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um -0,8% im Quartalsvergleich und um -1,4% im Jahresvergleich. Diese Zahlen sind nicht neu und waren so erwartet worden, sie werden aber offenbar gerade jetzt genutzt, um ein weiteres Land der Eurozone bewußt runterschreiben zu können.

Hier mal zu den Fakten:

  • Im Gegensatz z.B. zu Großbritannien glänzt Italien mit einem starken industriellen Sektor.
  • Das Land hat in den letzten 10 Jahren eine der geringsten Neuverschuldungsdynamiken weltweit gehabt.
  • Der Privatsektor in Italien weist extrem niedrige Verschuldungswerte auf, die privaten Ersparnisse sind überdurchschnittlich hoch.

Die italienische Neuverschuldung wird in diesem Jahr voraussichtlich nur 1,7% betragen (zum Vergleich: Deutschland voraussichtlich 1,3%) und liegt damit weit unter den Maastricht-Kriterien von 3%.

Zum Vergleich liegt die Neuverschuldung in den USA hochgerechnet in diesem Fiskaljahr voraussichtlich bei 9,5% (!), in Großbritannien bei ca. rund 8%! Es ist schon interessant, wie „die Märkte“ offensichtlich mit zweierlei Maß messen und das, obwohl sie doch angeblich immer Recht und die Weisheit geradezu gepachtet haben…

Ein Blick auf die Verschuldung der einzelnen Wirtschaftssubjekte zeigt insbesondere die desaströse Lage Großbritanniens: In dem Land mit der geringsten Regulierung des Finanzbereiches hat sich geradezu ein Schulden-Monstrum in diesem Sektor gebildet:

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Wann kümmert sich darum endlich mal eine Rating-Agentur?

Merke: In jedem Krieg dominiert Propaganda und der üngetrübte Blick für die Realität geht verloren. Das gilt auch im Währungskrieg.

Denken Sie mal darüber nach!

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10/2011 – Euro-„Rettung“: Volksverdummung mit Gänsehaut-Feeling


Selten wurde soviel Unsinn geschrieben, wie nach dem Euro-Gipfel vom letzten Donnerstag: „Die Banken müssen bluten“, „Griechenland wird 50% seiner Schulden erlassen“, deshalb sollten die „Pleite-Griechen“ gefälligst auch „dankbar“ sein… Hier mal ein paar Konkretisierungen und Richtigstellungen:

1.)    „Die Banken müssen bluten“

Nein, das ist Quatsch. Man hat auf dem Euro-Gipfel vielmehr beschlossen, dass man Banken und Versicherungen dazu einladen wird, mit ihnen bis Ende des ersten Quartals 2012 zu verhandeln, ob sie ihre alten Griechenland-Anleihen nicht auf freiwilliger Basis gegen neue „EFSF“ – Anleihen eintauschen möchten (EFSF = „europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ = umgangssprachlich „Rettungsschirm“).

Bei dieser Umtauschaktion sollten die Banken ihre alten Anleihen zu rund 50% abschreiben. Das heißt, wenn sich bislang eine alte Griechenland-Anleihe zu 100  in der Bilanz einer Bank oder einer Versicherung befunden hat, sollte sich dann nach dem Tausch eine neue EFSF-Anleihe zu 50 in der Bilanz befinden.

Wie gesagt: das alles muß erst noch mit dem internationalen Bankenverband IIF verhandelt werden. Und alles soll sowieso wenn, dann nur auf freiwilliger Basis geschehen. Denn, würde sich Griechenland hinstellen und schlicht und ergreifend wie bei jedem anderen Staatsbankrott auch sagen „So, Jungs, Geld ist alle, jetzt gibt´s für jeden für Euch nur noch 50% des geliehenen Geldes zurück!“ (also: GR-Anleihen würden zu 50% ausfallen), dann würde dies einen „Default“ (Ausfall) bedeuten, was wiederum bedeuten würde, dass die Kreditausfallversicherungen (CDS), die auf die Anleihen abgeschlossen worden sind, einspringen und zahlen müssten.

Wir erinnern uns: Die sogenannten „CDS-Märkte“ gehören zu dem ganzen Finanzmüll („Finanzinnovationen“), der in den letzten 15 Jahren nahezu völlig unreguliert geschaffen wurde. Niemand kann genau sagen, wer die CDS ausgegeben hat, in welcher Höhe, zu welchen Bedingungen, und wem die CDS heute gehören.

Man befürchtet nur, dass sehr viele US-Banken zu den Herausgebern der CDS für Griechenlandanleihen gehören. Und da nordamerikanische, wie insgesamt fast alle Banken der westlichen Hemisphäre in der Regel über ein verschwindend geringes Eigenkapital verfügen, liegt die wohl berechtigte Angst in der Luft, dass  bereits bei solch einem Mini-Ausfall, wie dem von ein paar Griechenland-Anleihen, die entsprechenden CDS-Herausgeber ihre Versicherungsleistung nicht mehr aus eigener Kraft zahlen könnten.

Dies würde wiederum zwei Dinge bedeuten:

  • Die CDS-Märkte würden schlagartig zusammenbrechen. Und da die ganze internationale Spekulation gegen irgendwelche Euro-Staaten ja heutzutage keinesfalls über die großen, liquiden Anleihenmärkte läuft, sondern über die daran hängenden, kleinen, unregulierten CDS-Märkte, wäre erstmal Schluß mit der Spekulation gegen Euro-Staaten. Und das wollen wir doch nicht, oder?
  • Derivate-Buden, wie eine Deutsche Bank, eine Credit Suisse, oder Ähnliche, müssten ihre ganzen schönen CDS noch stärker, als bisher abschreiben (= auch offiziell erkennen und zugeben, dass diese Derivate wertloser Papiermüll sind) und wären damit nicht nur klinisch tot, wie sie es heute bereits sind, sondern würden auch noch umfallen. Denn, die Bilanzsumme der Deutschen Bank ist rund 50 mal so hoch, wie ihr Eigenkapital und die Bilanzsumme der UBS ist rund viermal so groß, wie das gesamte Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz. Da ist für größere Abschreibungen natürlich keinerlei Luft vorhanden und somit kann da so ein bißchen fummeln in der Bilanz mal ganz schnell ganz fiese Folgen haben. Und das wollen wir doch nicht, oder?

Also, deswegen soll der Anleihentausch völlig freiwillig erfolgen und somit müssen die Kreditausfallversicherungen (CDS) nicht einspringen und man kann noch eine Weile so tun, als wenn ein de facto bankrottes Banken- und Finanzsystem noch für irgend etwas „garantieren“ könne.

Sie erinnern sich, wie vehement Josef Ackermann z.B. bei Maybritt Illner in der Talk Show für eine „Freiwilligkeit“ geworben hat? – Jetzt verstehen Sie, warum…

Übrigens: Ein Eintausch der Griechenlandpapiere der Banken gegen die neuen EFSF-Papierchen, wäre womöglich noch nicht mal ein schlechtes Geschäft (für die Banken)!  Denn im Gespräch sind  EFSF-Papiere mit einer Verzinsung von bis zu 6,42% bei einer Laufzeit von 30 Jahren und einem erstklassigen AAA-Rating als mögliche Tauschobjekte. Selbst eine altehrwürdige zehnjährige Griechenlandanleihe hat nur eine Verzinsung von 4 bis 5 % und wird momentan zu nur noch rund 30 gehandelt. Sollten die Banken ihre ollen Griechenlandanleihen gegen EFSF-Anleihen mit einem Nennwert von 50 und einer weitaus höheren Verzinsung eintauschen können, so wäre dies ein Geschäft, bei dem sie keinen Verlust, sondern per Stand heute einen dicken Gewinn erzielen würden!

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Noch zur Vervollständigung: Weil Politiker ja durchaus lernfähig sind, hat man von der Finanzindustrie gelernt, dass man schon mit ganz kleinem Eigenkapital ganz große Dinge machen kann! Und so möchte man jetzt beim „EFSF“ etwas machen, was im Finanzbereich gang und gebe ist: man möchte „hebeln“.

Man denkt sich „Wenn ich mit der finanziellen Kraft des EFSF ganz viele tolle neue Anleihen rausbringen kann, für die dann der EFSF garantiert. – Wieso muß der denn die absolute Vollkaskoversicherung geben und die neuen Anleihen zu 100% garantieren? Machen wir doch lieber die Teilkasko-Variante und lassen wir den EFSF die neuen Anleihen einfach nur zu 25% garantieren, so können wir viermal soviele Anleihen ausgeben…!“ Clever, gell!? – Das ist das ganze Geheimnis um den vielzitierten „Hebel“.

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2. „Griechenland erhält einen 50%-igen Schuldenschnitt“

Nein. Nur die Hälfte der Schulden, die Griechenland bei privaten Banken und Versicherungen hat, könnten eventuell nach den „freiwilligen“ Verhandlungen wegfallen (im Folgenden in ROT markiert).

Nachdem die griechischen Banken so stehend K.O. sind, dass sie einem Schuldenschnitt praktisch gar nicht mehr freiwillig zustimmen können, geht es somit nur noch um die 120 Mrd. EUR, die vermutlich bei nicht-griechischen Banken liegen. Die Hälfte von 120 ist 60, somit könnte es nach den „freiwilligen Verhandlungen“ maximal sein, dass Griechenland 60 Mrd. EUR seiner Schulden los wird und das sind keinesfalls 50% der gesamten Schuldenlast, sondern das sind rund 17%.

Und diese Summe ist wiederum so klein, dass sie wahrscheinlich dem Land keinerlei wirkliche Entlastung bringt.

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3. „Der Spekulation wird Einhalt geboten“

Nö. Wie Sie ja vorhin gelesen hatten, muß um jeden Preis verhindert werden, dass ein formaler Staatsbankrott entsteht, damit ja nicht die Kreditausfallversicherungen (CDS) zahlen müssen, und somit die Herausgeber der CDS, Derivate-Buden, wie eine Deutsche Bank eine UBS oder eine US-Bank endgültig zusammenbrechen (denn das wäre das Ende dieser Institute und damit – so wird befürchtet – das Ende unseres gesamten ungedeckten, gehebelten Finanzsystemes weltweit. Das Finanzsystem fände sein eigenes Ende nicht so richtig toll und deswegen wird uns ja auch immer an die Wand gemalt, dass ein Ende unseres Finanzsystemes gleichzeitig das Ende der Welt wäre, was natürlich völliger Quatsch ist, aber viele von uns glauben den Unsinn und haben sich von der Panikmache bereits gerne anstecken lassen.).

Wenn jetzt also die ganzen „Finanzmarktakteure“ (= Spekulanten) davon ausgehen, dass die europäischen Regierungen komplett darauf geeicht sind, dieses Finanzsystem auf Teufel komm raus zu erhalten (und das sind sie, dafür sorgt alleine schon der große Bruder USA, der finanziell noch viel schlechter dasteht und der noch viel stärker durch eine „Finanzaristokratie“ korrumpiert ist, als Europa), dann können sie damit rechnen, dass all die Banken, die nicht am „freiwilligen“ Anleihentauschprogramm teilnehmen, letztendlich ihre Anleihen zu 100 ausgezahlt bekommen (denn alles andere wäre ja ein „Default“, die CDS müßten einspringen etc….).

Das heißt: man kann fröhlich über die kleinen, unregulierten CDS-Märkte weiter auf den (objektiv völlig unbegründeten) Bankrott einzelner europäischer Staaten spekulieren.

Ach ja, und dann wurde da noch beschloßen, dass europäische Banken ihre „Kernkapitalquote“ auf 9% anheben sollen und, falls sie das nicht können, erhalten sie… richtig: staatliche Hilfe. Und fertig ist der Bankenrettungsgipfel, der uns vom verlängerten Arm der Finanzindustrie, der BILD-Zeitung natürlich mal wieder als „Griechen-Rettungsgipfel“ verkauft wird.

  • Quelle: www.BILD.de, 29.10.2011
  • Na, wann kommt wohl das „Danke“ von Josef Ackermann und von Ex-Bundesbanker Axel Weber, der inzwischen bei der UBS arbeitet?

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Sie sehen also: Es ist absolut verständlich, dass nach den Gipfel-Beschlüssen die Aktien der großen, europäischen Banken nach oben gesprungen sind und gleichzeitig die Kreditausfallversicherungen (CDS) von Italien und Spanien so teuer wurden, wie bisher noch nie. – Was dazu führt, dass Italien und Spanien seit Freitag deutlich höhere Zinsen zahlen müssen, wenn sie sich am „Kapitalmarkt“ (also: bei den Banken und den Versicherungen) Geld leihen wollen.

  • Börsenkurs der Deutsche Bank AG der letzten 10 Handelstage
  • Quelle: www.comdirect.de

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Aber, was hätte man denn alternativ tun können?

Nun, als eine sofortige Akutmaßnahme hätte man spätestens Ende 2008 und allerspätestens jetzt sämtliche CDS verbieten müssen. Klingt nett, aber das wollten die meißten Europäer nie und die Deutschen schon gleich gar nicht.

Oder, wie ist es sonst zu erklären, dass ein Oskar Lafontaine, als er bereits 1998 als Bundesfinanzminister nach London flog, um über die Regulierung der Finanzmärkte zu sprechen,  von sämtlichen britischen und deutschen Leitmedien als der „gefährlichste Mann Europas“ dargestellt wurde und, dass stattdessen ein Peer Steinbrück, der als Mitglied im Verwaltungsrat der West-LB und als Bundesfinanzminister zusammen mit seinem Staatssekretär Asmussen sich aktiv für die „Deregulierung der Finanzmärkte“ einsetzte, heute fröhliche Urständ feiert und sich über sensationelle Umfragewerte freuen kann?

Wir bekommen, was wir gewählt haben. Nicht mehr. Und nicht weniger.

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  • Britisches Qualitätsblatt (vergleichbar mit der BILD) am 25.11.1998
  • Tony Blair war gerade dabei, die „City of London“ via Deregulierungen und Steuersenkungen weiter aufzublähen
  • Kurze Zeit später war „der gefährlichste Mann Europas“ weggemobbt und es kam das „Schröder-Blair-Papier“….

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Übrigens, hier noch zwei Fakten, die Ihnen zeigen, dass wir solche Veranstaltungen, wie den „Euro-Rettungs-Gipfel“ in Zukunft weltweit häufiger sehen werden: Die griechische Gesamt-Verschuldung von 350 Milliarden Euro ist das, was die USA alle 3 Monate an neuen Schulden machen. Das gesamte, weltweite Volumen an sogenannten „Derivaten“ (also ähnlichen Qualitäts-Papierchen, wie den CDS), ist in den letzten 20 Jahren auf 600 Billionen USD gestiegen. – Bei einem weltweiten Bruttosozialprodukt von 60 Billionen USD…

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Fazit:

  • Der Euro-Gipfel war höchst erfolgreich – für manche europäischen und US-amerikanischen Banken und Versicherer.
  • Um Griechenland geht es bei der Thematik überhaupt nicht, sondern nur um die Frage, wie klinisch tote Derivate-Buden noch etwas länger künstlich beatmet werden können.
  • Dies soll geschehen, um ein Finanzsystem, das in seiner ganzen Unreguliertheit, in seiner weitgehenden Ungedecktheit und in seiner kompletten Überdimensionalität schlicht und ergreifend nicht überlebensfähig ist, noch ein paar Monate (oder Jahre?) am endgültigen Zusammenbruch zu hindern.
  • Und dieses vollkommen unseriöse Finanzsystem ist wiederum nur ein Symptom, eine Folge aus unserem Geldsystem.

Denn die tiefe Wurzel unserer derzeitigen Krisen liegt in einem ungedeckten, vollkommen unseriösen Geldsystem, das wir zu allem Übel auch noch mit Zins und Zinseszins gekoppelt haben. Und über dieses Geldsystem wurde meines Wissens keine Silbe auf dem Euro-Gipfel gesprochen.

Wie dieses Geldsystem funktioniert? Mehr dazu in meinen Vorträgen oder auch in Kürze in diesem Blog. Einen ersten, sehr guten Eindruck über unser Geldsystem können sie sich in folgendem Film machen (-> Hier KLICKEN)