Die Sache mit der Glaubwürdigkeit


Berichterstattung vom G20-Gipfel in Brisbane: ARD, ZDF und Co. erzählen von Rußlands Präsidenten, Vladimir Putin, der auf dem Gipfel „völlig isoliert“ gewesen sei.

Die Darstellung von der „völligen Isoliertheit“ Putins wird in den TV-Sendern gebetsmühlenartig wiederholt. Und mit scheinbar eindeutigen Bildern untermauert:

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Nummer 1: ZDF „heute“ vom 15.11.2014

> http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2284342/ZDF-heute-Sendung-vom-15.-November-2014

Ab 1:32 berichtet ZDF-Journalist Udo van Kampen, der Präsident der Russischen Föderation sei beim Familienfoto der Regierungschefs „für jedermann sichtbar: völlig isoliert“ gewesen.

Urteilen Sie selbst, verehrte Leserinnen und Leser. Geben die Bilder ab 1:32 einen Beweis für die Behauptung van Kampens für die „Isoliertheit“ eines Staatsmannes?

Hier übrigens ein Bild vom Asien(APEC)-Gipfel am 10./11. November 2014 in Peking. Wie schön man doch in Bilder alles Mögliche hineininterpretieren kann..

Obama Apec

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Nummer 2: ZDF „heute-journal“, 15.11.2014, 21:45 Uhr

> http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2284442/ZDF-heute-journal-vom-15.-November-2014

Udo van Kampen wiederholt und betont die „Isoliertheit“ Putins.

Hierzu zeigt das ZDF ab 1:56 zusätzlich, wie Putin „alleine am Tisch“ sitze. O-Ton van Kampen: „Es wollte offenbar keiner neben ihm Platz nehmen.“ Die TV-Bilder präsentieren den russischen Präsidenten sekundenlang in einem Ausschnitt, der exakt diese Ausage zu bestätigen scheint: Vladimir Putin – keiner will mit diesem Mann etwas zu tun haben…!

Daß die brasilianische Staatschefin Dilma Roussef bei Vladimr Putin am Tisch sitzt kann man kaum erkennen, denn das ZDF zeigt genau den Moment, in dem Roussef fast komplett durch einen Kellner verdeckt wird.

Putin G20 ZDF

Man muß somit leider feststellen, dass die Behauptung van Kampens, Putin habe „alleine am Tisch“ gesessen schlicht nicht der Wahrheit entspricht.

Van Kampen lässt auch unerwähnt, dass der japanische Premierminister Abe scheinbar tatsächlich völlig alleine an einem Tisch saß. Welches Problem hat die Weltöffentlichkeit gerade mit Japan?

Vergleichen Sie bitte, was van Kampen in dem gleichen Bericht über Angela Merkel zu erzählen hat („wird zum Webstar“ ab 1:00). Und beachten Sie, mit welchen Bildern der ZDF-Journalist ab 2:23 Barack Obama unwidersprochen den „Führungsanspruch Amerikas in der Welt“ postulieren läst.

Wer war übrigens Udo van Kampen? – Ach ja, dieser hier:

Es tut mir leid, aber ich will so einen grenzdebilen Quatsch einfach nicht sehen. Ein Journalist, der, für jeden nachprüfbar, wahrheitswidrige Aussagen trifft und Regierungsmitgliedern Geburtstagsständchen singt, dem möchte man nach guter, alter Tradition zurufen: „Geh doch nach drüben!“ – in dem Fall nach Nordkorea; wo Journalisten fürs Lügen und Schleimen hoch dekoriert werden.

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Nummer 3: ARD Tagesschau, 15.11.2014, 20:00 Uhr

> http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-5415.html

Ab 1:50 „Beim Barbecue am Mittag, wie symbolisch: Putin einsam und verlassen.“ Die gleiche Behauptung. Die selben Bilder. Auch hier: Dilma Rouseff durch einen Kellner verdeckt.

Im >Ursprungsmaterial von REUTERS sieht man übrigens die Wahrheit:

Putin G20 Reuters

ARD und ZDF hätten also auch problemlos die Bilder zusammen mit Rousseff zeigen können. Aber das hätte halt leider nicht zur Parole „Putin ist völlig isoliert“ gepasst…

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Nummer 4: ARD Tagesthemen, 15.11.2014, 23:15 Uhr

> http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-3313.html

Ab 2:23: „Zu beobachten (…): der einsame Putin.“

Putin G20

Die selben Blider. Die gleiche Intention. Steter Tropfen höhlt den Stein.

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Nummer 5: WDR „Aktuelle Stunde“, 15.11.2014, 18:50 Uhr

> http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/aktuelle_stunde/videoaktuellestunde1396.html

Auch hier wird behauptet: „Putin allein zu Tisch„. Der Paria, der Geächtete, der Isolierte. Niemand will mit so einem Staatsmann etwas zu tun haben.

Die Berichterstattung wird von dramatisierender Musik untermalt, vermutlich, um das Niveau dieser sogenannten „Nachrichtensendung“ zu unterstreichen.

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Wir sehen diese Bilder in öffentlich-rechtlichen TV-Sendern. Wir erleben die Aussagen, die im Zusamenhang mit diesen Bildern wiederholt werden. Dies geschieht in einer Zeit, in der Menschen öffentlich als „Putin-Versteher“ diffamiert werden – Solche, die sich dafür einsetzen, dass neben der „westlichen“ Position auch noch die Position Rußlands und der anderen BRICS-Staaten adäquat dargestellt wird.

Viele von uns sind in einer Generation aufgewachsen, in der die „Tageschau“ um 20:15 Uhr a) Pflicht war und b) ein Bollwerk der Glaubwürdigkeit zu sein schien. Damals gab es ARD-Journalisten vom Schlage eines Hans-Joachim Friedrichs, der postulierte: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.

Ich wünsche mir von einem Medienapparat, der jährlich über 7 Milliarden Euro GEZ-Geldern von uns allen finanziert wird, eine Berichterstattung, die journalistischen Mindest-Standards gerecht wird.

Berichterstattungen wie die oben zitierten machen nachdenklich, tief traurig und für die Zukunft alles andere als optimistisch.

Denken Sie mal darüber nach!

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P.S.: Die andere Seite

Indische, brasilianische, chinesische und südafrikanische Zeitungen sowie der russische Sender RT zeigen Bilder vom „Aussätzigen“ („Die Welt“, 16.11.2014) auf dem G20 Gipfel im Kreise der Staatschefs der BRICS-Staaten:

Putin G20 BRICS

Aber das ist ja nur primitive Propaganda…!

Wahr ist natürlich nur die Kernaussage vom G20-Gipfel: „Putin ist in der Welt isoliert!

 

3 Gedanken zu „Die Sache mit der Glaubwürdigkeit

  1. Sehr geehrter Herr Meyer,

    vielen Dank für Ihre detaillierten Ausführungen zur G20 in Brisbane bzw, zu dem, was unsere Presse daraus macht. Wir sehen nur die Spitze des Eisberges, denn in den vergangenen Monaten konnte man viele Manipulationen und Lügen in den duetschen Medien bemerken. Dcoh soviel auch aufgedeckt wird, die transatlantische Agenda wird bis zur letzten Konsequenz einfach weitergeführt.

    Ich glaube, viele haben den Ernst der Lage noch nicht begriffen? Was passiert, wenn die Agenda weiterhin gnadenlos abgearbeitet wird? Was ist, wenn es zum Krieg kommt? Werden all diejenigen an die Front gehen, die jetzt dazu hetzen, die Gegenseite zu verabscheuen? Wie lässt es sich unter diesen Umständen noch ruhig leben? Und wohin kann man emigrieren, wenn die Situation weiter, wie bisher eskaliert?

    Wir säen Haß gegen die zweitgrößte Atommacht der Welt. Uns ist derzeit wirklich nicht zu helfen.

    MfG

Herzlichen Dank für Ihren Kommentar!